"...
Der Materialismus schafft eine narzisstische Welt, in der Kaufen und Konsumieren im Mittelpunkt stehen. In einer Kultur des Narzissmus kann die Liebe nicht gedeihen. Die Entstehung der „Ich“-Kultur ist eine direkte Reaktion auf das Versagen unserer Nation, die Vision der Demokratie in der Realität umzusetzen. In der „Ich“-Kultur allein gelassen, konsumieren und konsumieren wir ohne Rücksicht auf unsere Mitmenschen. Bei der vorherrschenden Ethik der Dominanz werden Gier und Ausbeutung zur Norm und ziehen Entfremdung und Einsamkeit nach sich. Ein intensiver spiritueller und emotionaler Mangel ist der ideale Nährboden für materielle Gier und übermäßigen Konsum. In einer Welt ohne Liebe wird der Wunsch nach Bindung durch den Wunsch nach Besitz ersetzt."
Das sind die einleitenden Sätze im siebten Kapitel „Gier: Einfach Liebe“ aus dem Buch „alles über liebe“ von bell hooks (†), einer US-amerikanischen Literaturwissenschaftlerin und Professorin.
Die von ihr kritisierte gierbehaftete „Ich“-Kultur in ihrer Analyse der US-amerikanischen Konsumgesellschaft vor über 20 Jahren scheint heutzutage -nicht nur in den USA- die von nahezu allen
(politischen) Seiten als alternativlos akzeptierte wirtschaftliche „Überlebens“Grundlage der Menschheit zu sein – mit allen Konsequenzen für Individuen (Psyche) wie für ganze Gesellschaften
(Kriege). Das Wort Stress klingt in diesem Zusammenhang viel zu harmlos. Es wird klar, dass kleine Entspannungsmaßnahmen dem Einzelnen zwar -kurzfristige- Linderung bringen können, damit
aber die eigentlichen Kern-Ursachen der globalen -stressverursachenden- Probleme nicht beseitigt werden.
Anti-Stress-Maßnahmen müssen auch für Wachheit sorgen und die eigene Wahrnehmung schärfen. Sie dürfen nicht einlullen, sonst sind sie kontraproduktiv.
Meditation ist eine Anti-Stress-Maßnahme, die sowohl persönliche Entspannung möglich macht als auch die Sinne und den Verstand schärft.
Die Antwort buddhistischer Mönche auf die Frage, was denn zurückgezogenes Meditieren in einer Welt voller Krisen der Gesellschaft bringt, betont genau das: nur wer einen ruhigen Geist und klaren
Blick hat, kann auch etwas Konstruktives für die Gesellschaft tun.
Viele (meist teure) Entspannungsangebote, die von der oben beschriebenen stressmachenden Konsumindustrie für die Gier-Gesellschaft geschaffen wurden und werden, sind bestenfalls Betäubungsmittel, meist jedoch weitere Stressverursacher. Mit kostenloser Meditation wäre ja kein Geschäft zu machen.
Quelle: alles über liebe (bell hooks , HarperCollins)
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